Rilke: From a Stormy Night (From German)

This translation was done when I was 16 or so. I'm posting it as is.

From a Stormy Night
By Rainer Maria Rilke
Translated by A.Z. Foreman

Frontispiece

Roused by the risen storm, the night
expands and begins its climb
from otherwise lying compressed in a tight
and tiny crevice of time.
No bar of stars can end it in space,
It doesn't begin in the grove
Nor in the features of my face
Nor in the way you move.
The lanterns stammer and blindly ask:
"Are we faking light?
Has the one real thing for millennia been
The night?"

I.

In such nights you can come across a few
Future ones on the sidewalks- pale and peaked
Visages that do not acknowledge you
And mutely let you pass,
Though if they were to speak,
You’d be long forgotten
As you stood there,
And long rotten.
Yet they keep the silence of deadmen
Though they are the ones to come.
The future hasn’t been yet.
They can only plunge their faces in time’s
Suboceanic light and cannot hope
To see, but endure it a while
To discern in submersion: a speeding file
Of fish and a ripple of rope.

II

In such nights comes an opening of jails,
And through the nightmares of the guards, one after
The other, with sneered laughter,

Men walk who scorn the warden’s force.
Forest!
They seek their sleep in you, to hide their tracks,
The years of sentence loaded on their backs,
Forest!

III.

In such nights opera houses fall ablaze
And like a basilisk the monstrous space
With its upholding pillars, tiers and rows,
Begins to chew on those
Pent in its den.
Women and men
Struggle and choke,
Piled on each other in the lobby’s smoke
Till stone implodes on them. Nobody knows
Who took the heaviest of cascading blows;
When someone has already shredded
His heart, his ears still ring with noises headed
For it.

IV.

In such nights, as in ages long gone by,
The hearts within the shut sarcophagi
Of bygone princes start to beat anew:
Their reinvigorated pulses hit
So hard at every coffin’s sturdy lid
As to compel the golden capsules through
Dusk and disintegrating damask cloth.
The church and spires sway blackly back and forth.
Doors shake and slap. The belfry feels each bell
Claw for a hold and hang like birds at bay.
Columns are clenched by struts and can’t give way:
As if the whole disturbed foundation lay
Upon a blind sea-turtle’s shifting shell.

V
In such nights those who have no cure
Know that: We were...
And they go think among the ill
A simple thought of good will,
Resuming where it broke off.
But of their sons the youngest may
Have to walk the loneliest way;
For these nights are
As though he’s never had a thought before:
He’s long lain in a leaden shroud,
But all his sight will soon uncloud,
And thoughts of celebration crowd his
senses...

VI

In such nights every city is alike,
Each full of flags
Caught by the bestial storm in wind that drags
It off as if by hair to be thrown
To some far off land of unknown
Hills and rills and dikes.
There in each yard the same pond lies,
By each pond the same house of stone,
In each house the same lantern’s flame,
All people look the same
As their hands cover their eyes.

VII

In such nights the minds of the dying clear,
As their hands probe through their growing hair
Whose roots shoot up from the ailing skull
In these days tired and dull,
As if to keep the sphere
Of death below.
That gesture runs through the house as though
All things were a mirror there;
And as they gently ply their hair,
Their moved hands exhaust
What strength they’d gathered from year to year,
Now lost.

VIII.

In such nights my dear sister grows some more
Who was before me, and before me died.
Many such nights since then have passed me by:
She will be beautiful. Soon someone’s sure
To marry her.


The Original:

Aus einer Sturmnacht

            Titelblatt

Die Nacht, vom wachsenden Sturme bewegt,
wie wird sie auf einmal weit -,
als bliebe sie sonst zusammengelegt
in die kleinlichen Falten der Zeit.
Wo die Sterne ihr wehren, dort endet sie nicht
und beginnt nicht mitten im Wald
und nicht an meinem Angesicht
und nicht mit deiner Gestalt.
Die Lampen stammeln und wissen nicht:
lügen wir Licht?
Ist die Nacht die einzige Wirklichkeit
seit Jahrtausenden...

I

In solchen Nächten kannst du in den Gassen
Zukünftigen begegnen, schmalen blassen
Gesichtern, die dich nicht erkennen
und dich schweigend vorüberlassen.
Aber wenn sie zu reden begännen,
wärst du ein Langevergangener
wie du da stehst,
langeverwest.
Doch sie bleiben im Schweigen wie Tote,
obwohl sie die Kommenden sind.
Zukunft beginnt noch nicht.
Sie halten nur ihr Gesicht in die Zeit
und können, wie unter Wasser, nicht schauen;
und ertragen sie's doch eine Weile,
sehn sie wie unter den Wellen: die Eile
von Fischen und das Tauchen von Tauen.

I

In solchen Nächten gehn die Gefängnisse auf.
Und durch die bösen Träume der Wächter
gehn mit leisem Gelächter
die Verächter ihrer Gewalt.
Wald! Sie kommen zu dir, um in dir zu schlafen,
mit ihren langen Strafen behangen.
                                    Wald!

III

In solchen Nächten ist auf einmal Feuer
in einer Oper.       Wie ein Ungeheuer
beginnt der Riesenraum mit seinen Rängen
Tausende, die sich in ihm drängen,
zu kauen.
Männer und Frauen
stauen sich in den Gängen,
und wie sich alle aneinander hängen,
bricht das Gemäuer, und es reißt sie mit.
Und niemand weiß mehr wer ganz unten litt;
während ihm einer schon das Herz zertritt,
sind seine Ohren noch ganz voll von Klängen,
die dazu hingehn...

IV

In solchen Nächten, wie vor vielen Tagen,
fangen die Herzen in den Sarkophagen
vergangner Fürsten wieder an zu gehn;
und so gewaltig drängt ihr Wiederschlagen
gegen die Kapseln, welche widerstehn,
dass sie die goldnen Schalen weitertragen
durch Dunkel und Damaste, die zerfallen.
Schwarz schwankt der Dom mit allen seinen Hallen.
Die Glocken, die sich in die Türme krallen,
hängen wie Vögel, bebend stehn die Türen,
und an den Trägern zittert jedes Glied:
als trügen seinen gründenden Granit
blinde Schildkröten, die sich rühren.

V

In solchen Nächten wissen die Unheilbaren:
wir waren...
Und sie denken unter den Kranken
einen einfachen guten Gedanken
weiter, dort, wo er abbrach.
Doch von den Söhnen, die sie gelassen,
geht der Jüngste vielleicht in den einsamsten Gassen;
denn gerade diese Nächte
sind ihm als ob er zum ersten Mal dächte:
lange lag es über ihm bleiern,
aber jetzt wird sich alles entschleiern -,
und: dass er das feiern wird,
                        fühlt er...

VI

In solchen Nächten sind alle die Städte gleich,
alle beflaggt.
Und an den Fahnen vom Sturm gepackt
und wie an Haaren hinausgerissen
in irgend ein Land mit ungewissen
Umrissen und Flüssen.
In allen Gärten ist dann ein Teich,
an jedem Teiche dasselbe Haus,
in jedem Hause dasselbe Licht;
und alle Menschen sehn ähnlich aus
und halten die Hände vorm Gesicht.

VII

In solchen Nächten werden die Sterbenden klar,
greifen sich leise ins wachsende Haar,
dessen Halme aus ihres Schädels Schwäche
in diesen langen Tagen treiben,
als wollten sie über der Oberfläche
des Todes bleiben.
Ihre Gebärde geht durch das Haus
als wenn überall Spiegel hingen;
und sie geben - mit diesem Graben
in ihren Haaren - Kräfte aus,
die sie in Jahren gesammelt haben,
                        welche vergingen.

VIII

In solchen Nachten wächst mein Schwesterlein,
das vor mir war und vor mir starb, ganz klein.
Viel solche Nächte waren schon seither:
Sie muss schon schön sein. Bald wird irgendwer
                        sie frein.

No comments:

Post a Comment